Wir tendieren gerade sehr zu Übernachtungen auf Campingplätzen, was per se nicht schlecht, aber auf Dauer teuer ist. Es ist heiß und dann halten wir uns natürlich meist draußen auf. Seit vorgestern haben wir auch einen kleinen Gaskocher im Freien in Gebrauch (Kochen im mehr als 40° warmen Auto ist wirklich doof) und sitzen natürlich sehr gerne mit Tisch und Stühlen, manchmal unter unserer Markise, im Schatten rum. Das nennt sich dann „campingartiges Verhalten“ und ist auf Stellplätzen, ob offiziell oder nicht, in Spanien gesetzlich verboten. Übernachten ist ok, Campieren nicht. Ob und wie spanische Gesetzeshüter „Camping-Verstöße“ ahnden, wissen wir nicht aus eigener Erfahrung. Gegen zwei kleine Hocker vor der Tür hatte bisher noch niemand etwas einzuwenden.
Heute wollten wir aber mal wieder in der „freien“ Natur übernachten. In der Serra de Montsec empfiehlt ein Stellplatzführer einen Parkplatz in einer Schlucht direkt am Flußufer südlich des Städtchens Tremp. Keine weite Fahrt, aber wir nähern uns wieder ein bißchen Girona an, wo wir am Dienstagmorgen ja Susannes Bruder abholen wollen.
Nach wenigen Kilometern verleitet uns eine kleine Ziegenkäserei in Benabarre zu einem Zwischenstopp. Hier spielt ein Produzent mit offenen Karten: alles darf und soll besichtigt werden, Ställe und Produktion und natürlich „müssen“ wir im Laden sämtliche hier hergestellten Leckereien probieren. Der Patrón ist stolz und begeistert von seinen Produkten und zu jedem Häppchen, zum Wein, zur Tapenade gibt es ein Rezept und eine Geschichte. Natürlich alles auf Spanisch und mit Händen und Füßen. Zwei leckere Stücke Rohmilchkäse und ein Gläschen Olivenpaste füllen daraufhin unseren Kühlschrank.
Nachdem wir von der Granja, dem Hof, über Feldwege wieder zur Straße zurückgeschaukelt sind, dürfen sich nach dem Gaumen wieder die Augen über Eindrücke freuen.
Unser Motor hat gut zu tun. Ich werfe manchmal sorgenvolle Blicke auf die Temperaturanzeige und drehe auf den Pass-Straßen die Heizung auf, um für etwas Entlastung zu sorgen. Funktioniert.
Wir finden unser Ziel. Und erklären es nach einigem Abwägen bedauernd zum Zwischenziel. Die Schlucht ist atemberaubend schön. Wie hoch die Steilwände sind, ist schwer zu schätzen, es sind sicherlich viele hundert Meter. Und ganz oben kreisen die Adler. Aber es ist sehr heiß, windstill und die wenigen Bäume werden nicht mehr lange Schatten spenden. Zur Weiterfahrt bewegt uns aber vor allem die viel befahrene Straße wenige Meter neben uns. Schade.
Also Plan B. Der heißt Camping la Noguera nahe dem Weiler Sant Llorenç de Montgai, natürlich auch an einem See gelegen. 14 Kilometer entfernt, die aber eine Stunde Fahrt bedeuten, denn es geht wieder bergauf und bergab und bergauf und… Aber wieder voller Eindrücke.
Statt in der Natur endet der heutige Trip auf Asphalt und Schotter zwischen dauercampenden Wochenendlern auf einem sterilen Campingplatz, auf dem sogar die Pavillons vor den Wohnwagenvorzelten (diese Kombination mag man in Spanien offensichtlich sehr) alle einheitlich sind. Das ist, im Gegensatz zu unserem Abendessen, kein Foto wert.
Schlafplatz: Camping la Noguera. Wie eine Plattenbausiedlung in Ostberlin – nur ohne Platte. Sanitärs sauber. 20 Euro. Muß nicht sein.